Lettres philosophiques
(= Letters concerning the English Nation) 1733 Die philosophischen Briefe sind Voltaires Abrechnung mit den Zuständen in Frankreich, wo die katholische Kirche das kulturelleLeben im Würgegriff hielt und Adelscliquen in einer Art von Arbeitsteilung Gesellschaft und Ökonomie zugrunde richteten. Voltaire schrieb seine philosophischen Briefe während seines Exils in England1727/1728 und handelte sich mit der Veröffentlichung in Frankreich umgehend einen Haftbefehl ein, dem er sich durch seine Flucht nach Lothringen entzog. Der oberste Gerichtshof verfügte, dass allegedruckten Exemplare zu vernichten seien.
Im ersten Teil (1.-7.Brief) stellt Voltaire den französischen Zuständen einer totalitären alleinherrschenden Kirche die viel größere Religionsfreiheit inGroßbritannien mit seinen vielen Sekten gegenüber (damals war in dem Begriff Sekte noch kein Vernichtungsaufruf enthalten, sondern bedeutete einfach ‘Gruppe mit einer eigenen Glaubenslehre’): “England istdas Land der Sekten. `In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen´. Als freier Mann kommt der Engländer auf dem Wege, der ihm gefällt, in den Himmel.” (Brief 5). Auch über die erstenPockenschutzimpfungen Europas berichtet Voltaire anerkennend.
Im zweiten Teil (8.-12.) geht es um das politische System, vor allem über das Parlament. Alle, die Voltaire der Sympathie für die Monarchie, gar dieabsolute, verdächtigen, sollten diese Briefe lesen. Etwa: “Der größte Teil der Menschen in Europa war, was sie noch in mehreren Teilen des Nordens sind: eine Art Vieh, das man mit dem Land kauft undverkauft. Es brauchte Jahrhunderte, um der Menschheit Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, um zu merken, dass es schlecht ist, wenn der Grossteil säet und die Minderheit erntet…” Eindeutig setzt sichVoltaire hier für eine durch Gesetze eingeschränkte Monarchie zugunsten des Volkes ein. Leistung und nicht Blut (Herkunft) soll über Erfolg und Anerkennung eines Menschen entscheiden: “Ich aber weiß…